Hier möchte ich einfach Berichte, Texte, und andere Informationen veröffentlichen, die ich über meine Arbeit im Tierschutz so erhalte.

 

Raúl Mérida ist ein spanischer Tierschuetzer, der im Raum Alicante in verschiedenen Tierheimen zuständig ist. Er schreibt fast wöchentlich einen Artikel hier in der CBZ (Costa Blanca Zeitung.)

 

 

Aus den Augen, aus dem Sinn? Ein reines Gewissen scheint ein gutes Ruhekissen zu sein.....
Im Jahre 1927 befand sich der berühmteste Gangster Al Capone auf dem Höhepunkt seines Schaffens. Sein Vermögen, mehr als hundert Millionen Dollar damals, war trotz des Verbotes von Glücksspielen und des berühmten "Trockengesetzes" zusammengekommen. Was dahinter steckte, war klar: ein Netz von allseits bekannten Casinos und der ausgiebigste Alkoholvertrieb des Landes.

Da ergab sich das Problem, wie das illegale Geld in legales umzuwandeln sei. So hatte er eine Idee: Er kaufte die Waschsalonkette Sanitary Cleaning Shop fuer den symbolischen Preis von einem Dollar. Mit ihrer Hilfe konnte er sein Vermögen umleiten, aber er tat noch mehr, denn die Tatsache, dass es sich in der Tat um Waschmaschinen handelte, prägte einen Ausdruck, der heutzutage in der Finanzwelt sehr beliebt ist: Geld zu "waschen". Da also kommt diese Redensart her.

Es ist Samstagnachmittag vor einer Woche. Ich bin noch weit von Alicante weg, aber ich beschließe, dem Tierheim der Region, durch die ich gerade unterwegs bin, einen Besuch abzustatten, bevor ich nach Hause fahre. Es ist früh, vor dem Tor sind Leute, die mit mir warten, eingelassen zu werden. Ein Mädchen hat eine Katze gefunden. Ein paar Leute möchten ein Tier adoptieren.

Unter all den Menschen erregt ein Paar meine Aufmerksamkeit. Die beiden Besucher haben einen jungen Hund mitgebracht. Es ist fast noch ein Welpe, der gerade dabei ist, erwachsen zu werden, ein Zwerg mit schwarzem Fell. Das Tier beschnüffelt unsicher die Umgebung. Er scheint schon aus der Entfernung den Geruch der Zwinger wahrzunehmen, die Angst der anderen Tiere zu spüren.

Seine Besitzer zerren ihn vorwärts, während er sich sträubt und ängstlich sein Schwänzchen zwischen den Beinen versteckt. Ich gehe hinter ihnen her, ich bin ja hier nur ein weiterer Besucher, und ich höre, was sie miteinander sprechen. "Hier wird er es gut haben", sagt er. "Ja, das wird ganz toll hier für ihn", sagt die Frau. Und sie kommen an der Rezeption jenes Tierheims an, wo sie begrüßt und beraten werden. Aber sie wollen keine Erklärungen hören und keine Tipps, sie haben ihre Entscheidung längst getroffen, und sie werden diesen Entschluss nicht hinterfragen. Sie werden nicht umkippen.

Wenige Minuten später, während sie weggehen, unberührt von der Tatsache, dass der Hund hinter ihnen her weint und sich seine Nase am Gitter blutig schürft, fahren sie fort, sich gegenseitig zu loben, wie gut sie alles gemacht haben und wie weise die Entscheidung war, ihn dort in jenem Käfig zurückzulassen.

Und nach einer Weile gehe ich auch, mache mich auf den Rückweg in unsere Stadt, aber ich kann nicht aufhören, über dieses Gespräch nachzudenken. Und ich erinnere mich an die Geschichte, die ich anfangs erwähnt habe, und mir wird unmittelbar klar, dass die Tierheime als letzte Zufluchtsstätte für heimatlose Vierbeiner genauso funktionieren wie die Waschsalons von Al Capone.

Es gibt Menschen, die sie dazu benutzen, ihr Gewissen reinzuwaschen. Oder die das wenigstens versuchen, denn es gibt Fälle wie diesen, da versagt selbst ein Mittel wie Chlor.

Raúl Mérida

Ein Rucksack voller Erinnerungen....

Ein Rucksack, nur ein einfacher kleiner Rucksack ist alles, was ein von seinen Besitzern abgeschobener Hund manchmal mit ins Tierheim bringt.

Es ist Dienstag Nachmittag im Tierheim. Es kommen einige Leute, die einen "Freund" suchen, und alle erzählen sie Dir von ihren ganz bestimmten Vorstellungen. Der zukünftige Kamerad soll so sein, so oder so....

Einige möchten einen jungen Hund, der einmal ein Riese wird, andere einen ganz kleinen, weil sie in einer winzigen Wohnung wohnen, in die keine größeren Tiere hineinpassen, und der auch ruhig schon aelter sein darf, weil sie selber nicht mehr so gut auf den Beinen sind.

Nach und nach lernen wir die Menschen kennen, die hinter diesen Wünschen stehen, und ihre ganz besonderen Sehnsüchte und Erwartungen. Wir beobachten, wie ihre Gesichter sich voller Liebe und Freude aufhellen, wenn sie plötzlich ein Tier entdeckt haben, mit dem sie sich verbunden fühlen. Besser gesagt ist es der Moment, in dem ein Tier SIE aussucht , weil wir immer glauben, dass es in der Mehrzahl der Fälle die Vierbeiner sind, die ihre Pfeile der Liebe verschießen und denjenigen damit treffen, von dem sie glauben, dass er ohne jeden Zweifel ihr bester Freund werden wird.

Und als wir schon die Tore des Heimes schließen wollen, sehen wir eine Hündin, die verspielt an der Leine neben ihrem Besitzer her läuft. Sie ist ganz aufgeregt, als sie die vielen Katzen bemerkt, die bei uns im Tierheim frei herumlaufen dürfen.

"Sie will nur spielen", sagt ihr Herrchen, "sie ist sehr gutmütig. Ich komme, um sie hier im Heim zu lassen, wir wollen sie nicht mehr bei uns im Haus haben, wir haben jetzt nämlich ein Baby, um das wir uns kümmern müssen". Sofort füllt er einen Tierabgabevertrag für den Hund aus und gibt uns einen kleinen Rucksack. "Da sind alle ihre Sachen drin!"

Schon schreitet der mittlerweile Ex-Besitzer zu einem Zwinger, schiebt seinen mittlerweile Ex-Hund dort hinein und schließt die Tür zu dem Gitterkäfig, der von nun an sein Zuhause sein wird.

Uns selber bleibt nur noch, dem Mann insoweit zu danken, dass er so viel Anstand besaß, den Hund wenigstens in einem Tierheim abzugeben, anstatt ihn auf die Straße zu werfen. Er geht fort, ohne sich noch einmal umzudrehen.

Als wir die Türen des Tierasyls hinter ihm schließen, öffnen wir den kleinen Rucksack, auf dem traurigerweise auch noch das Wort "Amigo" zu lesen ist, und blicken auf die Erinnerungen und die Besitztümer eines Hundelebens: ein abgewetzter, schmuddeliger Tennisball, zwei Kauknochen aus Rinderhaut, einer davon schon zur Hälfte angenagt, ein rotes Halstuch, das noch genauso geknotet ist, wie es einmal um den Nacken des Tieres gelegt wurde, als dieses noch als Kinderersatz gut genug war, und ein kleines Brustgeschirr aus der Zeit, als es für einige Wochen sogar der beste Freund dieser Menschen war und mit ihnen Spazierengehen durfte.

Das ist alles, was die Hündin auf dieser Welt jemals ihr eigen nannte, denn die Liebe, den wichtigsten Besitz von allen, die hat sie noch nie kennengelernt....

Raúl Mérida